Artikel über die Zukunft von klassischen Tastaturen, Folientastaturen und Silikonschaltmatten – Erschienen in der PC & Industrie 10/2020 Artikel als .pdf >>
Man könnte denken, dass die herkömmliche Tastatur als Eingabeelement ihre goldenen Zeiten hinter sich hat. Im Telekommunikationsbereich fristet Sie noch ihr Dasein im Festnetztelefon, den mobilen Bereich musste die nahezu vollständig an smarte Displaytechnologien abgeben. Denn gerade durch die Integration von Multitouchscreens können mobile Endgeräte, bei denen einen Nutzung von Maus und Tastatur eher unpraktisch ist, ihr volles Potenzial ausschöpfen.
Die grafischen Visualisierungsmöglichkeiten schaffen interaktive Kommunikationserlebnisse für den Benutzer im Einklang mit dem Corporate Design des Unternehmens. Durch logische Visualisierungen, sowie klare Designs werden selbst komplexe Menüstrukturen einfach zu bedienen. Die Forderung, die Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine unkompliziert und intuitiv zu gestalten, treibt dabei auch die Entwicklung im Bereich der Gestensteuerung, Eye-Tracking und Sprachsteuerung weiter und schneller voran. Benutzerbedingte Eingabefehler sollen eliminiert werden, die Sicherheit der Bedienung erhöht. Das macht Touch-Displays auch für Anwendungen in der Hausautomation, Kiosksystemen oder der Anlagen- und Maschinensteuerung sehr beliebt.
Google, Siri oder Alexa
Ob der Mensch in fünf oder zehn Jahren überhaupt noch eine haptische Eingabeschnittstelle im jetzigen Verständnis brauchen wird, ist abzuwarten. Schon lange brauchen wir keine Play-Taste mehr betätigen, um Musik zu hören oder dank moderner Smart Home Integration den Lichtschalter zu betätigen. Eine kleine Anfrage an Google, Siri oder Alexa reicht aus. Mehr KI-gesteuerte Technologien werden in Zukunft den Trend angeben.
Während die Generation Y und Älter mit einer Vielzahl an Hardwaresystemen aufgewachsen ist, die die heutigen Generationen nur vom Hören-Sagen kennt und die Benutzung einer Tastatur als alltägliche Gegebenheit ansieht, könnten zukünftige Generationen dies als nostalgische Verwendung belächeln. Man denke nur an die Weiterentwicklung der Rechenmaschinen in den letzten 50 Jahren oder die Entwicklung der ersten mobilen Telefone – alles noch gar nicht allzu lange her.
Status Quo der Tastatur
Im Status Quo haben Eingabetastaturen jedoch ihre absolute Berechtigung und sollten je nach Einsatzgebiet als Alternative bzw. Ergänzung zu Touchsystemen und Co. angesehen werden. Vor allem in Geräten mit einer geringen Anzahl an Funktionen, die zugleich eine gute Sichtbarkeit erfordern und in einer konstanten Benutzerinteraktion sind, bleiben bewährte Eingabekomponenten, wie Folientastaturen, Silikonschaltmatten und Drucktaster, die bevorzugte Wahl – auch in Hinblick auf die Kosten. Denn der finanzielle Aufwand für die Programmierung einer graphischen Benutzeroberfläche zwischen Mensch und Maschine ist ein nicht unerheblicher Faktor. Es gilt: Oft ist nicht alles, was technisch möglich ist, auch wirtschaftlich.
Klassische Tastaturen – Überall einsatzfähig
Folientastaturen und Silikonschaltmatten kommen aufgrund Ihrer geschlossenen Oberfläche, Resistenz gegen Chemikalien und Ihrer Dichtheit gegenüber Flüssigkeiten und Staub, auch gegenwärtig in nahezu allen Branchen zum Einsatz. Im medizinischen Bereich finde man Folientastaturen zum Beispiel in Schwesternotrufsysteme, Steuerungen von Krankenbetten, Eingabetastaturen für Diagnosegeräte und Defibrillatoren, sowie weitere Schnittstellen zur Patientenversorgung. Viele dieser Eingabegeräte werden dabei auch von ungeübten Anwendern, wie älteren Patienten bedient, so dass eine komplexe Touch-Eingabelösung eher nachteilig ist.
Auch die Tastatur entwickelt sich weiter
Aufgrund der ständigen Weiterentwicklung ist die Folientastatur jedoch nicht als reine Schaltlösung zu sehen. Vielmehr ist sie eine Kombination von anspruchsvollem Design, speziellen Coatings und Ausstattungs-Extras wie integrierten LEDs oder integriertem Touchpanel. So können Folientastaturen durch ihre vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten mit einer benutzerfreundlichen und intuitiven Oberfläche dienen. Durch den Einsatz von Werkzeugen kann sie jede beliebige Form annehmen.
Ergänzend zum gängigen Siebdruckverfahren bietet sich gerade in der Realisierung von Farbverläufen und bei Prototypen und Kleinserien der Digitaldruck an. Durch speziell geprägte Folien können sogar Metalloptik Effekte, wie zum Beispiel gebürstetes Edelstahl oder eloxiertes Aluminium erzielt werden. Weiterer Vorteil gegenüber Display Lösungen ist, dass die bedruckte Oberfläche, sowie optional integrierte LED Statusanzeigen, auch von einem 180° gedrehten Betrachtungswinkel gesehen werden kann.
Flacher Aufbau der Folientastatur
Der flache Aufbau einer Folientastatur besteht aus einem Folienverbund, der sich aus mindestens vier Folien zusammensetzt: Der Dekorfolie, der oberen und unteren Schaltfolie und einer Distanzfolie. Die Dekorfolie als oberste Lage der Tastatur besteht aus Polyester oder Polycarbonat und wird, um einen höchstmöglichen Schutz vor Abrieb zu gewährleisten, auf der Rückseite bedruckt. Im Vergleich mit anderen flexiblen Materialien überzeugt dabei gerade Polyester mit einem hohen Lebenszyklus von über 1 Mio. Schaltzyklen, einer sehr hohen Abriebfestigkeit und Beständigkeit gegen Chemikalien.
Für Anwendungen im medizinischen Bereich und Bereichen mit hohen hygienischen Anforderungen kann die Frontfolie mit einer antibakteriellen Beschichtung ausgestattet werden. Dieses antimikrobielle Polyester tötet bzw. hemmt das Bakterienwachstum und bietet einen konstanten Schutz gegen bakterielle Kontamination. Funktionselemente der Folientastatur sind die untere Schaltfolie mit den darauf befindlichen Leiterbahnen, LED’s, Schaltpunkten und der Anschlussfahne sowie die obere Schaltfolie mit den Kontaktflächen.
Hintergrundbeleuchtung bei Folientastaturen
In Abhängigkeit von den anwendungsspezifischen Anforderungen variieren die Optionen für die Hintergrundbeleuchtung. Gerade in abgedunkelten Arbeitsumgebungen sind beleuchtete Tastenfelder notwendig, um wichtige Funktionen problemlos zu finden. Eine Tastenprägung kann hier zusätzlich unterstützen. LED‘s können sehr einfach in die vorhandene Schaltfolie integriert oder bei Bedarf in eine zusätzliche LED-Schaltfolie eingebracht werden. Man verwendet spezielle Klebstoffe und Abdichtmaterialien, um die Funktion der LED auch in rauer Umgebung mit z.B. starkem Vibrationsaufkommen sicherzustellen.
Die Hinterleuchtung einer Folientastatur kann durch den Einsatz von LGF (Light Guide Film) erfolgen. Dabei bleibt die typisch flache Bauform und die Flexibilität erhalten. Bei der LGF Technologie werden LED’s am Rand in eine sehr dünnen (0,1 – 0,2 mm), stark lichtbrechende Folie eingesetzt. Durch die hohe Lichtbrechung sind je nach Größe der Folientastatur nur sehr wenige LED’s für eine homogene Ausleuchtung erforderlich. Die Hinterleuchtung jeder Taste kann in verschiedenen Farben erfolgen.
Im Gegensatz zu einer EL-Hinterleuchtung kommt die LGF – Technologie ohne hochfrequente Wechselspannungsquelle aus. Eine Besonderheit sind Beschriftungen mit Verschwindeeffekt. Hierbei handelt es sich um eine Beschriftung, die im unbeleuchteten Zustand der Tastatur nicht erkennbar und erst bei Beleuchtung sichtbar ist. Damit kann ein eindeutiger ON / OFF Modus signalisiert werden.
Taktile Rückmeldung einer Folientastatur
Ein weiterer Vorteil der Folientastatur ist die taktile Rückmeldung an den Anwender. Schnappscheiben sorgen bei Betätigung für ein spürbar tastendes Gefühl und je nach Ausführung für ein hörbares „Knack“ Geräusch. Durch dieses direkte Feedback werden Dateieingabefehler reduziert. Die Metallschnappscheiben gibt es in den verschiedensten Größen, Formen und Betätigungskräften und werden bevorzugt für Anwendungen mit einer hohen Anzahl an Betätigungen eingesetzt. Folientastaturen ohne Metallschnappscheiben können auch eine taktile Rückmeldung haben, indem eine Konstruktion mit Prägung verwendet wird.
Die Prägung kann sowohl bei der Dekorfolie als auch bei der oberen Schaltfolie erfolgen. Dabei gibt es die Möglichkeit der Tasten-, Dome-, und Randprägung mit denen sehr ergonomische Tastenformen realisierbar sind. Geprägte Tasten haben zusätzlich den Effekt der Fingerführung. Einen besonders edlen Look bekommen Tasten durch eine hochwertige Epoxybeschichtung, wodurch die Taste ein dreidimensionales Erscheinungsbild bekommt. Die Kombination von Schnappscheiben und Tastenprägung ist gängig.
Silikonoberfläche – die Hybrid-Tastatur
Zusätzlich zu den bewährten Varianten aus verschiedenen, übereinandergesetzten Folienschichten, bietet sich die Möglichkeit, die obere Polyesterfolie durch eine Silikonoberfläche zu ersetzen. Diese Silikonabdeckung mit Tasten lässt sich als reine Betätigungsschicht auf das Schaltungspaket einer normalen Folientastatur auflaminieren. Der daraus entstehende Hybrid aus klassischer Folientastatur und Silikonschaltmatte gibt Spielraum die Vorteile der einzelnen Eingabelösungen in einer Tastatur zu vereinen. Mit der Silikonoberfläche kann ein dreidimensionales Design realisiert werden, ein Punkt an dem die Folientastatur naturgemäß stark eingeschränkt ist. Möglich werden damit aufragende Tasten mit freier Formgebung, Führungselemente, wie abgesetzte Ringe um eine Taste, Braillebeschriftungen oder Cursortasten. Gleichzeitig wird die Oberfläche optisch und haptisch aufgewertet.
Kombination aus Folientastatur und Touchscreen
Wenn mehr Funktionalität oder ein komplexeres Bedienmenü erwünscht sind, kann eine Kombination von Folientastatur und moderner Touchscreen-Lösungen eingesetzt werden.
Ein zusätzliches Tastenfeld neben dem Touch Screen fördert eine benutzerfreundliche Menüführung, indem Eingabebefehle oder voreingestellte Parameter einfach und übersichtlich abgerufen werden können. Durch entsprechende Programmierung können die festen Tasten auch dynamische Funktionen, passend zum jeweiligen Menü, übernehmen. Für die Ausführung mit Touch-Screens oder Anzeigedisplays werden Sichtfenster in die Folientastatur integriert.
Je nach Anforderung können diese u.a. matt, kraztfest, UV-beständig und farbig individuell spezifiziert werden. Die Verbindung von Folientastatur und Touch Screen wird durch eine hochtransparente Klebeschicht mit einem Lichtemissionsgrad von >99% realisiert. Durch dieses Verfahren wird die Entstehung Newtonscher Ringe vermieden.
Eine ähnliche Kombination ist auch mit Silikonschaltmatten möglich. Dabei wird das Tastenlayout direkt auf den Frontrahmen aus Kunststoff aufgespritzt. Somit entsteht ein optimaler Verbund zwischen den beiden Komponenten. Display und Elektronik werden in einem weiteren Bearbeitungsschritt mit dem entstandenen Rahmen kombiniert. Vorteil der Mehrkomponentenspritzguss Technik ist, dass nur ein Bauteil konstruiert werden muss. Dies führt zu wesentlich reduzierten Investitionen und Aufwand in Produktion und Qualitätssicherung.
Silikonschaltmatte
Die einzelne, klassische Silikonschaltmatte zählt nach wie vor zu den meist verbreiteten Schaltelementen in der Elektronik- und Automobilindustrie. Allein beim Betätigen einer Fernbedienung wird sie jeden Tag millionenfach benutzt. Jedoch auch für medizinische Anwendungen, wo eine gute Reinigbarkeit von Eingabeelementen gefordert ist, kann auch die Silikonschaltmatte durch eine geschlossene Oberfläche bestehen.
Als zentrales Bauteil löst Sie eine direkte Schaltfunktion auf der darunter liegenden Leiterplatte aus und bestimmt die Haptik, den optischen sowie taktilen Eindruck und über die integrierten Kontaktelemente das elektrische Verhalten. Zudem übernimmt die Schaltmatte vielfach eine Dichtfunktion auf der Leiterplatte. Ihre mechanische Lebensdauer mit bis zu 10 Mio. Schaltzyklen macht Sie zu einer langlebigen und nahezu wartungsfreien Eingabelösung. Dabei passt sie sich Ihrer Konstruktion an und ist äußerst flexibel und platzsparend. Tastenkappen aus Metall und Kunststoff, verschiedene Tastenformen und individuelle Tastenfarben sind problemlos in einer Matte realisierbar.
Die Beleuchtung von einzelnen Tasten oder der gesamten Matte ist durch LED’s in Verbindung mit transparenten Silikon oder integrierten Lichtleitern möglich. Durch ein sehr präzises 2K-Spritzgussverfahren kann zudem eine mehrfarbige Tastaturbeleuchtung realisiert werden. Das Verfahren ermöglicht die Integration eines Lichtkanals in jede einzelne Taste. Dieser Lichtkanal ist vom Rest der transparenten Taste absolut isoliert und erreicht eine präzise Bündelung des Lichtstrahles. Schaltmatten mit dieser Technik können nun nicht nur Hinterleuchtet werden, die einzelnen Tasten können auch Statusanzeigen darstellen.
Das Kraft-Weg-Verhalten
Das Kraft-Weg-Verhalten einer Silikonschaltmatte kann kundenspezifisch an die Anforderungen der jeweiligen Applikation angepasst werden. So sind Betätigungskräfte von 20g bis 500g und Betätigungswege von 0,3 bis 5,0mm möglich. Die Realisierungsmöglichkeiten bei den elektrischen Kontakten reichen vom kostengünstigen, zugleich sicheren Carbondruck bis hin zu hochwertigen Metallkontaktpillen mit einer Strombelastbarkeit bis 2 A. Die Silikonschaltmatte kann vor allem dann ihre Vorteile ausspielen, wenn große Stückzahlen gefragt sind. Die hohen Einmalkosten für die Werkzeuge machen Kleinserien sehr kostenintensiv. Im Vergleich zu einer Ausstattung mit Einzeltastern sind sie jedoch auch in mittleren Serien deutlich günstiger.
Vandalismusgeschützte Eingabetaster
Im öffentlichen Raum bzw. Nahverkehr, sowie in der industriellen Maschinensteuerungen spielen weiterhin vandalismusgeschützte Eingabetaster eine Rolle, die eine präzise und zuverlässige Bedienung, sowie schnelle Auffindbarkeit gewährleisten. Die Taster nehmen dabei oft die Funktionen eines reinen Befehlsgebers an, so dass Signale wie Start und Stopp oder Vorwärts- und Rückwärtslauf, klar kommuniziert werden. Mit gravierten oder bedruckten Druckhauben, farbigen Satus LED’s und diversen Gehäusefarben können auch Drucktaster einen individuellen Look erhalten. Durch Multicolour-Beleuchtung ist sogar die Darstellung mehrfarbiger Statusindikationen möglich.
Die Taster werden aus robusten Kunststoff oder Metall gefertigt und direkt in eine Frontplatten und ein Gehäuse eingebaut. Durch entsprechende Dichtungen erhalten sie eine Schutzklasse von bis zu IP68 / IP69K. Die Lebensdauer von bis zu 1 Mio. Zyklen machen die Taster ebenfalls sehr zuverlässig. Eine höhere Lebensdauer bieten Piezo-Taster, welche aus Metall hergestellt werden. Durch den Wegfall eines mechanischen Hubs, werden Abnutzung und Verschmutzung nahezu eliminiert. Lebensdauern von über 50 Mio. Zyklen machen sie sehr zuverlässig und quasi wartungsfrei. Sie werden in Bereichen eingesetzt, in denen mit Vandalismusschäden gerechnet werden muss oder in denen sie starken Belastungen durch Umwelteinflüsse ausgesetzt sind.
Miniaturisierung und Design von Tastaturen
Bei jedem dieser bewährten elektromechanischen Bedieneinheiten spielt die zunehmende Forderung an Miniaturisierung und Designorientierung eine wichtige Rolle. Taster mit geringen Einbautiefen, Folientastaturen mit umfangreicher Ausstattung bei einem gleichzeitig flachen Aufbau spiegeln den Trend wieder. Die Endgeräte sollen flacher, dünner und leichter werden, jedoch stößt auch die Miniaturisierung im Eingabebereich an Ihre Grenze, schließlich müssen die Geräte noch von Menschen bedienbar sein. Touchscreens und Sprachsteuerung, gepaart mit der weiteren Entwicklung im Feld der Künstlichen Intelligenz (KI), werden zunehmend präsenter, gerade weil Sie bereits ein wesentlicher Bestandteil unseres Alltags sind.
Im Status Quo sorgen aber weiterhin innovative Bedienelemente mit einer Kombination der bewährten elektromechanischen Bedieneinheiten und modernen Touch Panels für spannende Weiterentwicklungen, auch mit Hinblick auf eine zunehmende Ergänzung mit Gestensteuerungen.